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Der Trend in der Liebe wendet sich vom klassischen Beziehungsmodell, der Monogamie, immer mehr zur Polygamie oder auch der „offenen Beziehung“. Doch was steckt hinter der sexuellen Freiheit? Wir verraten die wichtigsten Fakten rund um die offene Partnerschaft und klären, wann eine offene Beziehung Sinn macht und wann nicht.
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Eva-Maria Hesse ist systemische Paar- und Familientherapeutin. Sie berät in ihrer Praxis in Nürnberg Singles und Paare sowohl zum Umgang mit Trennung und Krisen als auch zu Achtsamkeit, gelingender Partnerschaft und Resilienz. Als gefragte Expertin hält sie Vorträge und beantwortet in verschiedenen Medien Fragen zu Beziehungsthemen. Detaillierte Informationen finden Sie auf ihrer Homepage.
Was bedeutet „offene Beziehung“?
Die Studien des Instituts für Psychologie der Universität Göttingen beleget, dass rund 97% der Menschen Treue von ihrem Partner erwarten. Jedoch wenden sich viele Paar immer mehr der „offenen Beziehung“ zu. Diese Beziehungsmodell setzt auf emotionale Treue mit sexueller Freiheit. Die Partner befinden sich in einer romantischen Beziehung, haben jedoch die Freiheiten mit Menschen außerhalb der Partnerschaft sexuelle Kontakte zu haben.
“Eine offene Beziehung von der Definition her ist eine Beziehung, wo beide Partner besprochen haben, also auch klar das Einverständnis gegeben haben, dass sexuelle Kontakte außerhalb der Beziehung gelebt werden dürfen. Also dass es andere Sexualpartner geben darf.” – Eva-Maria Hesse
Einseitige offene Beziehung
Nicht selten kommt es vor, dass sich nur ein Partner in der Beziehung nach sexueller Freiheit sehnt. Hierbei kommt es häufig zur „pseudo-offenen“ Beziehung, in welcher sich ein Partner die offene Beziehung herausnimmt, jedoch ohne, dass der andere damit einverstanden ist. Oft wird dies als Notlösung zur Rettung der Beziehung genutzt. Dennoch bewirkt es meist das Gegenteil, da ein Partner auf Grund des Beziehungsmodells das Vertrauen verliert.
“Meiner Meinung nach kann eine offene Beziehung nur gelebt werden, wenn eine Beziehung stabil ist. Wenn eine Beziehung instabil ist oder wenn jemand auf die Idee kommt, es könnte die Beziehung retten, rate ich dringend davon ab, weil es dann nur schiefgehen kann.” – Eva-Maria Hesse
Tipp: Eine offene Beziehung kann nur durch uneingeschränkte Kommunikation funktionieren – wird die sexuelle Freiheit erzwungen oder gar verheimlicht, wäre es eine Affäre und könnte die Beziehung zu einem unschönen Ende führen.
Offene Ehe führen
In den allermeisten Fällen ist eine offene Beziehung nur ein Modell, welches auf Zeit angewendet wird. Ein oder beide Partner können sich sexuell ausleben, ohne dass eine Trennung der Liebenden erfolgen muss. Wenn ein Paar eine offene Ehe führt, ist dies jedoch meist, um sexuelle Probleme zu lösen oder nicht im Alltagstrott der Ehe unterzugehen.
Tipp: In einer Ehe sind zwei Menschen fest aneinandergebunden, deshalb ist es wichtig in der offenen Ehe Regeln festzulegen, um das Eheleben nicht zu gefährden.
Funktioniert eine offene Beziehung
Ob eine offene Beziehung funktioniert oder nicht, hängt immer vollständig von der Kommunikation und dem Einverständnis der beiden Partner ab. Deshalb sollten einige Punkte und Regeln bei der freien Liebe berücksichtigt werden.
Gründe gegen eine offene Beziehung
Es kommt häufig vor, dass eine offene Beziehung keinen Sinn machen würde oder die Beziehung gefährden könnte. Aus diesem Grund sollten einige Punkte ausgeschlossen sein, wenn es um eine offene Beziehung geht.
- Ein Partner fühlt sich durch die offene Beziehung vernachlässigt
- Es gibt Unstimmigkeiten bei den gemeinsamen Regeln für die freie Liebe
- Eifersucht oder Trauer sind im Spiel
- Die offene Beziehung wird erzwungen, um eine Trennung zu vermeiden
Wann macht eine offene Beziehung Sinn?
Die Norm besagt „Probieren geht über Studieren“, deshalb macht es Sinn eine offene Beziehung in jedem Fall auszudiskutieren, wenn beide Partner daran interessiert sind.
“Vorteil könnte sein, dass in sexueller Hinsicht Bedürfnisse ausgelebt werden können, die eben der Partner oder die Partnerin so nicht erfüllen kann. Es ist ein gewisser Reiz dann dabei und man fühlt sich natürlich dann eher begehrt, weil da immer wieder Menschen sind, die einem dieses Gefühl vermitteln und in einer langjährigen Partnerschaft dieses hohe Niveau in dem Ausmaß natürlich nicht zu halten ist.” – Eva-Maria Hesse
Dennoch sollte man sich folgende Fragen stellen und einige Regeln festlegen, damit die offene Beziehung auch Sinn macht:
- Basiert die offene Beziehung nur auf sexueller oder auch auf emotionaler Freiheit?
- Erzählt man sich von den anderen Partnern?
- In welchem Umfang darf der sexuelle Kontakt auftreten? (jederzeit, im Urlaub, etc.)
- In welcher Form wird die Verhütung bei den sexuellen Kontakten berücksichtig?
- Gibt es feste Tage oder Zeiträume, in denen man nur gemeinsame Zeit hat?
“Es muss klar über Regeln gesprochen werden. Wie sieht es aus? Diese Transparenz muss da sein. Willst du es wissen oder willst du es nicht wissen? Wann willst du es wissen? Es braucht eine ganz hohe Kommunikationsbereitschaft und Offenheit in Bezug auf diese Absprachen. Das Paar muss die Fähigkeit haben, gut über Gefühle sprechen zu können und die Gedanken auch auszutauschen.” – Eva-Maria Hesse
Nur wenn sich beide Partner bei den Regeln einig sind, kann eine offene Beziehung Sinn machen und auch funktionieren.
“Es gibt eine hohe Gefahr, die andere Person trotzdem zu verletzen. Es ist im Leben nicht alles planbar und nicht kontrollierbar. Das ist so und man kann sich hundertmal vornehmen: Nur bis hierhin und nicht weiter. Aber das kann sich auch anders entwickeln. Also da ist einfach ein gewisses Risiko dabei und ich finde es einfach sehr, sehr wichtig in diesen offenen Beziehungen, dass man über die Frage spricht und sich über die Frage Gedanken macht, woher kommt dieser Wunsch?” – Eva-Maria Hesse
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